Petition: Stoppt das Kleinschifferzeugnis!
Überflüssig, altersdiskriminierend, unnütze Bürokratie und Kosten: Das Kleinschifferzeugnis bringt keinen Vorteil, dafür aber jede Menge Ärger für Menschen, die in der Bootsbranche arbeiten. Deswegen hat der Bundesverband Wassersportwirtschaft eine Online-Petition gestartet, die das Ziel hat, das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium zur Rücknahme der Vorschrift zu bewegen.
Hier geht es direkt zur Online-Petition
Darum geht es:
Bisher musste, wer ein Sportboot mit mehr als 15 PS bewegen wollte, entweder den Sportbootführerschein Binnen oder den Sportbootführerschein See haben. Je nachdem, ob man eben auf Salz- oder Süßwasser unterwegs war. Das galt auch für alle, die beruflich Boot fahren. Zum Beispiel: Einweiser und Einweiserinnen von Charterunternehmen, Bootstechniker und - technikerinnen auf Probefahrt, Mitarbeitende der Bootsbranche auf Überführungsfahrten, Journalisten, die einen Revierbericht schreiben oder Boote testen und auch für das Team von Quick Maritim, wenn wir auf Recherchefahrt sind. Beim Auto ist es genauso: Ein Außendienstler, der mit dem Auto zum Kunden fährt benötigt ebenso wie ein KFZ-Werkstattmeister auf Probefahrt nur einen normalen Autoführerschein. Die einzige Ausnahme sind Taxifahrer, die ja Personen befördern und LKW-Fahrer, die ja mit besonderen Fahrzeugen (eben LKWs) unterwegs sind. Logischerweise müssen auch Frachtschiffkapitäne oder Führer von Fahrgastschiffen eine besondere Befähigung haben: besondere Fahrzeuge, besondere Verantwortung = besonderer Führerschein.
Noch bis Januar 2027 dürfen Menschen, die bereits in der Branche beschäftigt sind und einen Bootsführerschein haben, diesen von der Generaldirektion Wasserstraßen (GDWS) in ein Kleinschifferzeugnis umschreiben lassen. (Danach ist zum einen die medizinische Tauglichkeit nachzuweisen und eine Prüfung vor der GDWS notwendig. Über die Prüfungsfragen und den genauen Prüfungsmodus ist noch nichts bekannt.)
Für diese Umschreibung ist aktuell unter bestimmten Bedinungen keine Prüfung der medizinischen Tauglichkeit vorgesehen:
Wer bei der Umschreibung zwischen 16 und 59,9 Jahre alt ist bekommt das Kleinschifferzeugnis befristet bis zum 60. Geburtstag ausgestellt. (Verlängerung bei medizinischer Tauglichkeit möglich bis zum 65. Geburtstag.)
Wer bei der Umschreibung zwischen 60,1 und 64,9 Jahre alt ist bekommt das Kleinschifferzeugnis befristet bis zum 65. Geburtstag ausgestellt. (Verlängerung bei medizinischer Tauglichkeit möglich bis zum 70. Geburtstag.)
Wer bei der Umschreibung zwischen 65,1 und 69,9 Jahre alt ist bekommt das Kleinschifferzeugnis befristet bis zum 70. Geburtstag ausgestellt. (Verlängerung bei medizinischer Tauglichkeit möglich bis zum 72. Geburtstag.)
Wer bei der Umschreibung zwischen 70,1 und 71,9 Jahre alt ist bekommt das Kleinschifferzeugnis befristet bis zum 72. Geburtstag ausgestellt. (Verlängerung bei medizinischer Tauglichkeit möglich bis zum 74. Geburtstag.)
Auf die medizinische Tauglichkeitsbestätigung durch einen entsprechend qualifizierten Arbeitsmediziner wird nur ein Mal, bei der Erstausstellung verzichtet! Wer also kurz vor dem Ablauf der Umschreibungsfrist (17. Janaur 2027) 60 oder 65 Jahre alt wird, hat für jeweils fünf Jahre Ruhe, wer 59 oder 64 ist, nur für ein Jahr.
Diese medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen werden viele ältere Mitarbeitende der Branche treffen. Zum Beispiel Rentner mit 520-Euro-Jobs, die noch in ihrer alten Firma ein paar Stunden arbeiten, alte Seebären, die als Einweiser die nötige Ruhe und Komeptenz mitbringen um Einsteiger in die Bootswelt zu begleiten. Welcher Rentner hat schon Lust, die sich für einen Minijob einen halben tag lang kostenpflichtig durchchecken zu lassen? Diese Arbeitskräfte werden der Branche fehlen. Ihre Aufgaben müssen durch jüngere Vollzeitkräfte übernommen werden, die zumeist teurer sind (weil sie eben im Hauptberuf Techniker/in sind). Soweit sie überhaupt vorhanden sind, was bei dem derzeit in allen Bereichen herrschendem Fachkräftemangel so eine Sache ist.
Was uns als Verlag besonders empört, ist die Tatsache, dass wir von Quick Maritim nur aus dem einzigen Grund, dass wir zu Recherchezwecken mit dem Boot unterwegs sind, ein Kleinschifferzeugnis brauchen, weil wir ja in dem Moment aus gewerblichen Gründen unterwegs sind. Wären wir ehrenamtlich für eine Vereinszeitschrift unterwegs, bräuchten wir kein Kleinschifferzeugnis. Wir bewerten das als klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit, die im Artikel 5 Grundgesetz garantiert ist. Selbstverständlich muss man sich auch als Journalist an Recht und Gesetz halten. Aber das Kleinschifferzeugnis brauchen wir als Journalisten ja nur, weil wir als Berichterstatter im Einsatz sind. Nicht wenn wir zum Baden raus fahren.
Die Wassersportbranche hat sich mit ihren Verbänden in mehreren langen Gesprächen sehr dafür eingesetzt, dass das Bundesverkehrministerium einsieht, dass man mit dieser Regelung weit über das Ziel hinausgeschossen ist. In einem dieser Gespärche haben die Vertreter des Ministeriums deutlich gesagt, dass es keinerlei Hinweise gibt, dass Menschen die beruflich Sportboote bewegen, ein Sicherheitsrisiko sind. Außer einer Verlängerung der Umschreibefrist und einer leichten Lockerung der medizinischen Tauglichkeit war man zu keinen Kompromissen bereit.
Deswegen: Jetzt Petition unterschreiben.
Im Gegenteil. Neuerdings sieht eine neue Regelung vor, dass auf dem Rhein Sportboote nicht mehr von einer Person alleine bewegt werden dürfen. Der neue § 19.09 der Rheinschifffahrtspersonalverordnung lautet:
§ 19.09 Mindestbesatzung von Sportfahrzeugen
Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten nicht für Sportfahrzeuge.
Die Besatzung muss jedoch mindestens umfassen:
- einen Schiffsführer mit dem nach dieser Verordnung erforderlichen Patent und
- eine Person, die in der Lage ist, bei den Schiffsmanövern zu helfen
Auch diese Regelung wurde ohne jede Beteiligung der Wassersportverbände ins Gesetz geschrieben. Es ist also nicht davon auszugehen, dass der gemäßigte, kommunikative Protest der Bootsbranche bewirkt hat, dass man sich beim Verkehrministerium an die üblichen Verfahrenwege (frühzeitige Beteiligung betroffener Verbände) halten möchte oder aber sich beim Ausdenken neuer Verordnungen von Fragestellungen wie "bringt das was?", "nützt es der Sicherheit?" oder "kostet es nur Zeit und Geld?" ablenken lässt.
Das Kleinschifferzeugnis hat für Sie als Bootfahrer nur mittelbare Auswirkungen, weil durch den auf dem Verordnungsweg verursachten Fachkräftemangel die Personalkosten steigen werden und sich so auch für Sie die Arbeit von Hafenmeistern, Technikern und Quick Maritim verteuern werden. Das bedeutet: Bootfahren wird teurer. Auch wenn diese Auswirkungen nicht wirklich messbar sein werden, bitten wir alle Wassersportler um Solidarität mit den Mitarbeitenden der Bootsbranche.
Deswegen: Jetzt Petition unterschreiben.
Mehr dazu lesen:
Bundesverband Wassersportwirtschaft (Stellungsnahmen und Protestschreiben)
Boote-Online (Worum es geht)
Yacht-Online (Update)